Gestern abend hat mich meine Tochter angerufen – kurz nach 21.00 Uhr. Sie lebt in Hamburg – und wie schon zuvor in Italien waren auch dort um diese Zeit zahllose Menschen auf die Balkone gegangen und hatten applaudiert. Den Menschen, die im Gesundheitswesen arbeiten, den Pflegekräften, den Ärztinnen und Ärzten in den Praxen und Krankenhäusern, den Wissenschaftlern, die nach Medikamenten und Impfstoffen forschen. Den Pflegekräften in Seniorenheimen und den ambulanten Pflegediensten. Aber auch den Beschäftigten in den Lebensmittelläden und allen anderen, die unsere Versorgung mit dem Lebensnotwendigen gewährleisten, „den Laden am Laufen halten“. Und das eben durchaus ja mit einem erheblichen Risiko für die eigene Gesundheit. Der Theologe Dietrich Bonhoeffer hat vor etwa 80 Jahren gesagt: Dankbarkeit sucht über die Gabe den Geber. Sie entsteht an der Liebe, die sie empfängt. Dankbarkeit macht das Leben erst reich. Und er hat das auch in bedrängter, schwerer Zeit gesagt.
Dankbarkeit lenkt den Blick auf das Positive, auf das, was wir empfangen. Nicht auf das, was uns mangelt. Und sie lenkt den Blick auf diejenigen, von denen wir etwas empfangen, ist Ausdruck unserer Wertschätzung. Deshalb tut sie not in diesen Tagen. Und zugleich gut. Weil wir durch sie immer wieder von all dem, was uns bedrängt und ängstigt, aufschauen und auf das sehen, was uns hilft und stärkt, was es möglich machen kann, daß wir gemeinsam diese Herausforderung bestehen: Die Bereitschaft so vieler Menschen, „den Laden am Laufen zu halten“, im Gesundheitswesen, in der Politik, in der alltäglichen Versorgung – und nicht zu vergessen: Die Hilfsbereitschaft und Solidarität der vielen „stillen Helden“, die Einkäufe machen, nachfragen, anrufen, Briefe schreiben, ein schönes Video per Whatsapp schicken und vieles mehr, einfach weil es Freude macht und tröstet.
Wer jetzt die gewohnte Routine des Alltags vermisst: Hier zwei Vorschläge für eine neue Routine am Abend: 18.00 Uhr Innehalten und das Vaterunser beten. Wenn in allen Itzehoer Kirchen die Glocken läuten. 21.00 Uhr Applaudieren und danken. In Verbundenheit mit vielen Menschen, die das zeitgleich tun. In Itzehoe, in Hamburg, in Berlin, in Italien, weltweit.
Pastorin Dr. Wiebke Bähnk