Selig sind, die Frieden stiften, denn sie werden Gottes Kinder heißen. (Mt 5,9) Diese Worte Jesu aus der Bergpredigt stehen über dieser Woche. Wir hören von islamistischem Terror in Wien und anderswo, von Gewalt gegen Demonstrierende in Weißrussland. Von gewalttätigen Ausschreitungen bei der Demonstration der Corona-Leugner in Leipzig, von Angriffen auf Journalisten und Polizisten. Und gleich nebenan, in der Kirchenstraße in Itzehoe, schreien sich Menschen an, die unterschiedlicher Auffassung über die Maskenpflicht sind. Unversöhnlichkeit breitet sich aus, ein stures und starres Gegeneinander, verbale Gewalt. Und zwischen Worten und Taten liegt manchmal nur ein kleiner Schritt.
Mitten hinein in diesen epidemisch wirkenden Unfrieden hören wir Jesu Worte von den Friedensstiftern, die Gottes Töchter und Söhne heißen. Dem Wortsinn nach spricht Jesus hier von Friedensmachern, von Menschen, die Frieden schaffen, durch ihre Worte und ihre Taten. Indem sie versöhnlich und versöhnend wirken, Gräben überbrücken und Mauern einreißen, Worte der Verbundenheit und des Respektes verwenden, nicht der Abgrenzung und Entwertung. Worte, wie sie in diesen Tagen der designierte 46. Präsident der USA in seiner Rede fand, in der er betonte, seine politischen Gegner und er seien keine Feinde. Es sei die Zeit, die Trennungen aufzuheben, die Verbundenheit wahrzunehmen, einander zu sehen, aufeinander zu hören, einander zu achten. In diesen Worten klingt die tiefe Sehnsucht nach Frieden mit, aber auch die Hoffnung, daß Frieden machbar ist: It’s a decision, it’s a choice we make. Es ist eine Entscheidung, eine Wahl, die wir treffen.
Frieden zu stiften ist aber nun keinesfalls nur eine Aufgabe von einigen wenigen, die an prominenten Positionen sitzen. Frieden fängt bei jedem und jeder von uns an. Und nicht erst in unseren Worten und Taten, sondern schon in unserem Inneren. Luther hat die Worte Jesu übersetzt mit Selig sind die Friedfertigen. Friedfertigkeit ist eine Gesinnung, eine innere Haltung, wenn man so will, die Voraussetzung für das Friedenstiften. Und sie erwächst aus dem Frieden, den wir in uns erfahren, mit uns und unserem Sosein, auch mit den eigenen Schattenseiten und Grenzen. Wer sich vom Gott des Friedens angenommen weiß, ganz und gar, braucht seine Identität nicht durch Abgrenzung, Feindschaft und Streit zu bestimmen. Wer sich vom Heiligen Geist, der ein Geist des Friedens ist, innerlich erfüllen und bewegen lässt, lebt aus dieser Kraft und kann sie ausstrahlen. Durch eine Haltung, die um die verschüttete und zerrüttete Verbundenheit zwischen uns Menschen (und auch zwischen allen Geschöpfen) trauert und sich nach ihrer Wiederherstellung sehnt. Durch den Blick, der auch in dem, der mir zutiefst fremd ist, noch Menschenschwester und -bruder sieht. Durch Worte, die nicht öl ins Feuer gießen, sondern es zu löschen helfen, durch alles Tun, das verbindet, versöhnt und heilt. Und durch das Bewahren der großen Hoffnung, daß Frieden auch Gottes letztes Wort für uns ist und bleiben wird. Denn ich weiß wohl, was ich für Gedanken über euch habe, spricht Gott, Gedanken des Friedens, nicht des Leides, daß ich euch gebe Zukunft und Hoffnung. (Jer 29,11)
Pastorin Dr. Wiebke Bähnk