Einige Bewohnerinnen und Bewohner des Seniorenheims St. Josef sitzen im Innenhof des Heims, wir feiern zusammen Gottesdienst unter freiem Himmel – unter Wahrung der Abstandsregeln, versteht sich. Und auch wenn es ein wenig seltsam ist, daß wir so weit auseinander sitzen, ich bin dankbar, daß wir wieder an einem Ort zusammen sein können, uns sehen, hören, miteinander beten. Genauso habe ich es empfunden, als wir an den drei vergangenen Sonntagen wieder in St. Laurentii Gottesdienst feiern, gemeinsam auf Gottes Wort hören, beten und uns an der Musik erfreuen konnten – auch wenn der Gemeindegesang uns sehr fehlt.
Verkündigung durch Wort und Musik kann auch durch einen Fernseh-Gottesdienst geschehen oder eine Video- oder Audioaufnahme. Viele von uns haben in den letzten Wochen die Fülle und Vielfalt der angebotenen Gottesdienste kennen gelernt, dadurch auch über die Gemeindegrenzen hinaus geschaut. Aber Gottesdienst ist mehr als Hören auf einen Prediger, eine Predigerin, auf die oft virtuose Musik. Gottesdienst ist gemeinsame Antwort auf das Evangelium, ist gemeinschaftliches Gebet, ist Zusammensein unter der Zusage Jesu Christi: Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, bin ich mitten unter ihnen. (Mt 18,20) Wer an einem Ort, zu einer Zeit mit anderen zum Gottesdienst zusammenkommt, kann außerdem wahrnehmen, wie es einem anderen geht, kann die gerade in diesen Zeiten so wichtige Frage stellen „Wie geht es Dir?“ und einen Augenblick zuhören. Gottesdienst – das sind eben auch stärkende Worte untereinander, Trost, Anteilnahme und Beistand, sind geteiltes Leid und verdoppelte Freude.
Ein bißchen erschwert ist all das in diesen Zeiten, wenn wir mit 2 m Abstand in der Kirche sitzen, die Hälfte des Gesichts mit Masken in vielfältigster Ausführung bedeckt; aber ein freundlicher Gruß, eine zugewandte Geste – die Sitte der Verbeugung voreinander mit der Hand auf dem Herzen oder den vor der Brust zusammengelegten Händen ist mir in den vergangenen Wochen lieb geworden – , ein anteilnehmendes Wort, auch ein Gespräch sind immer möglich. Und genauso ein liebevoller Blick, ein Lächeln mit den Augen, das von Herzen kommt. Und das dem anderen einfach sagt „Wie schön dich zu sehen.“ Oder mit den Worten von Hannes Wader: „Nun, Freunde, lasst es mich einmal sagen: Gut, wieder hier zu sein, gut euch zu sehn. Mit meinen Wünschen, mit meinen Fragen fühl ich mich nicht allein. Gut euch zu sehn. Und weiß ich heute auf meine Sorgen und Ängste keine Antwort mehr. Dann seid ihr da, schon trag ich morgen an allem nur noch halb so schwer.“
Pastorin Dr. Wiebke Bähnk