Einen Plan B muss ich haben, wenn der ursprünglich gefasste Plan – Plan A eben – nicht funktioniert, nicht umgesetzt werden kann. Wenn mein Auto in der Werkstatt ist, ist Plan B vielleicht mit dem Zug oder dem Rad zu fahren. Wenn Urlaub in der Ferne nicht möglich ist, ist Plan B mich an meinem grünen Balkon und der waldreichen Umgebung von Itzehoe zu erfreuen. Wenn wir mit Menschen nicht an einem Ort zusammen sein können, ist Plan B über andere Wege Kontakt zu halten und zu kommunizieren, über Telefonate, Video-Chats, Briefe, kleine Zeichen der Zusammengehörigkeit.

Die Corona-Pandemie ist, nicht nur in der Zeit des Lockdowns, auch jetzt noch eine Hoch-Zeit für Plan B. In den Familien, in den Gemeinden, in der Wirtschaft, in der Politik. Ursprünglich gefasste Pläne greifen nicht mehr, Veränderungsbereitschaft und Flexibilität sind notwendig, die je persönliche und noch mehr die gemeinsame Suche nach Plan B. Vielleicht resultieren ja auch der sich in den Demonstrationen der Gegner der Corona-Maßnahmen niederschlagende Unmut und ihre Frustration aus mangelnder Bereitschaft oder Fähigkeit, sich individuell und gemeinschaftlich eben auch auf so etwas wie Plan B einzulassen?

Plan B klingt zuerst nach menschlichem Denken, Planen, Handeln. Aber es scheint mir ein reizvoller Gedanke zu sein, daß auch Gott oft nach einem Plan B handelt. An uns und mit uns. Ich bin fest davon überzeugt, daß Gott mich in meinem Leben leitet. Die Worte aus dem Lied von Klaus-Peter Hertzsch „Vertraut der neuen Wegen“ sprechen mir aus dem Herzen: „Der uns in frühen Zeiten das Leben eingehaucht, der wird uns dahin leiten, wo er uns will und braucht.“ Zum Leiten gehören aber immer zwei, einer der leitet und einer, der oder die sich leiten lässt. Gott hat uns als freie Geschöpfe geschaffen, die sich seiner Leitung anvertrauen können, dies aber auch verweigern können. Oder schlicht nicht darauf achten, nicht darauf hören. Die Paradies-Geschichte erzählt davon. Und auch davon, daß Gott dann einen Plan B mit den Menschen hat, daß Seine Geschichte mir uns trotzdem weitergeht. Und auch die Sintflut-Geschichte erzählt davon, daß Gott, als Er merkt, daß Plan A mit uns Menschen nicht greift, Plan B fasst. Gottes Plan B ist der Plan, der uns trotz allem, was bei uns Menschen dagegen spricht, Zukunft eröffnet: Meinen Bogen habe ich gesetzt, sagt Gott, in die Wolken; der soll das Zeichen sein des Bundes zwischen mir und der Erde. (1. Mose 9,13) Und dieser Bund soll ein ewiger sein; und solange die Erde steht, soll nicht aufhören Saat und Ernte, Frost und Hitze, Sommer und Winter, Tag und Nacht. (1. Mose 8,22)

Hätte Gott an Plan A festgehalten, hätte es keine Zukunft für uns gegeben. Gott kennt auch für uns einen Plan B, einen Plan, der uns Zukunft eröffnet und uns in diese leiten will. An uns ist es wahrzunehmen, wenn Plan A nicht mehr trägt, uns nicht mehr auf guten und richtigen Wegen führt. Und daß Plan A der Menschheit – Wachstum um jeden Preis – das nicht mehr tut, das kann kaum noch einer leugnen. An uns ist ist auch zu hören, wie denn ein Plan B in Gottes Sinne, nach seinem Willen sein könnte, und bereit zu sein uns zu verändern, umzukehren und auf neuen Wegen zu gehen. Einzeln und gemeinschaftlich. Und es ist an uns, an dem Vertrauen auf Gott und seine Bereitschaft, seinen Willen festzuhalten, trotz allem mit uns nach Seinem Plan B zu handeln. Dietrich Bonhoeffer hat das mit ganz anderen Worten wunderbar ausgedrückt: „Ich glaube daß Gott aus allem, auch aus dem Bösesten, Gutes entstehen lassen kann und will. Dafür braucht er Menschen, die sich alle Dinge zum Besten dienen lassen. “ Oder so gesagt: Ich glaube, daß Er auch, wenn wir vor den Scherben von Plan A stehen, noch einen Plan B für uns hat. Auf den Er uns leiten will und für den Er uns braucht.

Amen